Georgien & Armenien

 

Georgien & Armenien - unterwegs im Kaukasus

Gastfreundschaft, Lebensfreude, unfassbar schöne Landschaften und jede Menge Weltkulturerbe - wir freuen uns, all´ das in den beiden kleinen Ländern erleben zu können.


Georgien


Tiflis / Tbilissi

 Unser erster Tag in Tbilissi beginnt mit Sonne und ganz vielen neuen Erkenntnissen. Letztere haben wir der Georgierin Eka Abashishvili zu verdanken. Wir sind mit ihr verabredet und entdecken mit ihr Tiflis oder Tbilissi, wie die Georgier selber ihre Hauptstadt nennen.

Die über 1500 Jahre alte Stadt ist im Wandel. Im Kontrast stehen sowjetische Wohnblogs, alte Kirchen und die traditionellen Wohnhäuser der Altstadt mit ihren oft bunten, ornamentreichen Holzbalkonen. Weinreben schlängeln sich an Pergolen nach oben und nicht selten trocknet Wäsche dazwischen. Viele Häuser der Altstadt sind bereits restauriert, anderen werden gerade renoviert. Der morbide Charme erinnert uns ein wenig an die mediterranen Orte des Mittelmeers.

Über allem thront die weiße Statur der Mutter Georgiens „Kartlis Deda“ mit Weinschale und Schwert in der Hand und die Narikala Festung. Mehre Wege führen nach oben. Wir bevorzugen die Gondel-Seilbahn, die über die Dächer der Altstadt hinaufschwebt. Eka berichtet von einer wechselhaften Geschichte, in der die Griechen, die Römer und Persien ihre Spuren hinterließen. Auch die Araber standen irgendwann vor der Tür. Die Mongolen verwüsteten das Land gleich mehrmals. Dann kamen die Osmanen und zum Schluss die Russen. Bei all´ dem Wechsel gaben die Georgier aber nie ihre Sprache auf und behielten die eigene Identität.

Von der Festung haben wir einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt. Gut zu erkennen ist die futuristische, bogenförmige Friedensbrücke, der Präsidentenpalast und das muschelförmige Publik Service Hall Gebäude. In diesem Justizgebäude bekommen die Bürger alle staatlichen Dienstleistungen – Baugenehmigungen, Geburtsurkunde, Heiratsurkunden, Reisepässe….. Wer nicht selber erscheinen kann, beantragt die Dinge auf digitalem Weg. Als die Schulen während der Pandemie auf digitalen Unterricht umstellten, geschah das in kurzer Zeit, denn die Grundlagen dafür waren bereits vorher gelegt. Wir schauen etwas neidisch auf dieses Phänomen, den all` das soll selbst in entlegenen Gegenden des Landes funktioniert!

Der Besuche des Bäderviertels im Stadtteil Abanotubani ist der perfekte Abschluss des ersten Tages. Schon Alexander Puschkin soll das schwefelhaltige, heiße Wasser der Badehäuser genossen haben. Wir tun es ihm gleich und besuchen das Thermalbad Chreli Abano, mit seiner blauen Kachelfassade. Innendrin werden wir in einen kleinen Raum geleitet, dass mit seinem über 40 Grad heißem Schwefelwasser auf uns wartet. Als wir so richtig gut „durchgegart“ sind, bekommen wir noch ein kräftige aber wohltuende Peelingmassage.

Am letzten Abend in Tiflis haben wir die Gelegenheit den georgischen Fotografen Gia Chkhatarashvili zu besuchen. Er gibt uns einen kleinen Einblick in seine Arbeit und zeigt uns seine eindrücklichen Schwarz-weiß Fotos, die das Leben auf dem Land in den 1990 er Jahren zeigen. Durch ihn erleben wir aber auch die herzliche Gastfreundschaft, für die die Georgier so bekannt sind, denn er hat für uns typische, sehr leckere Speisen zubereitet. Ein georgischer Wein fehlt selbstverständlich auch nicht.

Es fällt ein wenig schwer, Tbilissi zu verlassen, aber am Ende unserer Reise kommen wir noch einmal in diese Stadt. Genug zu sehen und zu erleben gibt es bestimmt noch.


Ganz im Osten Georgiens - David Garedji und der Vashlovani National Park

Heute geht es raus aus Tbilissi.  Unsere Ziele sind das Höhlenkloster David Garedji und der Ort Sighnaghi. Von hier aus wollen wir in den Vashlovani National Park. Die Orte liegen ganz im Osten Georgiens, nah an georgisch- aserbaidschanischen Grenze.

Ab jetzt begleitet uns Giorgi Macaberidze. Georgi hat rote Haare und grüne Augen – sehr ungewöhnlich für einen Georgier. Ungewöhnlich ist auch das, was er macht. Er holt tief Luft und fängt an: Abenteuerreisen in Georgien begleiten und organisieren, Skitouren und Schauspieler, Lokation Scout, Caterer, Werbespots drehen und vieles mehr. Im Laufe des Tages erfahren wir, dass er außerdem  Zapfenpflücker ausbildet. Sie klettern auf die 40-60 m hohen die Tannen, um die Zapfen zu pflücken, aus dessen Samen irgendwann unsere begehrten Nordmanntannen zu Weihnachten entstehen. Er und seine Kollegen wollen mit der Ausbildung verhindern, dass die Kletterer ihren gefährlichen Job schlecht ausgerüstet und ungesichert ausführen. Zu oft sind tödliche Unfälle passiert. Die Tannen stehen tief und abgelegen in den Bergwäldern des Nordkaukasus. Dort kommen wir auf unsere Tour leider nicht hin, sagt Georgi.

Dafür stehen wir nun in die Steppenregion vor den malerisch gelegenen Höhlenklöster David Garedji in der Halbwüste von Udabno in der Region Kachetien. Viele der Höhlenwohnungen des älteste Kloster Georgiens sind längst verlassen, aber in einigen von ihnen leben noch eine Handvoll Mönche. Einer der historisch wichtigsten Köster des Landes hat allerdings Probleme mit der Wasserversorgung. In dieser trockenen, entlegenen Gegend ist es auch für die wenigen Mönche eine Herausforderung, an Wasser zu gelangen.

Weiter geht es in den Vashlovani National Park. Auf dem Weg dort hin halten wir für eine Mittagspause im Dorf Udabno. Udabno heißt und bedeutet Halbwüste. Bäume und Sträucher sind selten und im Sommer wird es hier sehr heiß. Jetzt überzieht ein grüner Teppich die Landschaft. In der Outdoor-Küche des kleinen Restaurants können wir zusehen, wie eine ältere Köchin sehr geschickt gefüllte Teigtaschen herstellt und in einem Holzofen backt. Georgi erzählt, dass die Köchin eigentlich aus der georgischen Bergregion Swanetien kommt. Da die Menschen aus dem nahen Aserbeidschan nicht dominieren sollten, siedelte man die von Bergrutschen bedrohten Swanetier hier um Udabno an.

Für die Einfahrt in den Park sind einige Formalitäten nötig, nicht zuletzt wegen der Nähe zu Aserbeidschan. Giftige Schlangen, Wölfe, Wildschweine, Gazellen und sogar ein kaukasischer Leopard sollen hier leben. Neben der unglaublichen Landschaft entdecken wir allerdings nur die kaukasische Landschildkröte. Die anderen Tiere bleiben uns verborgen. Der Park selber ist nur mit einem Geländewagen zu befahren, denn die Wege des Parks sind manchmal als solche gar nicht zu erkennen. Die unglaubliche Landschaft dieser entlegenen Gegend ist atemberaubend und entschädigt für Strapazen.

Wesentlich lebendiger geht es in unserem Übernachtungsort Sighnaghi zu. Das mittelalterliche Städtchen auf über 700 m Höhe thront auf einem Bergkamm. Von hier aus haben wir einen fantastischen Blick auf die schneebedeckten Berge des großen Kaukasus.

Telawi und ganz viel Wein

Schon um Sighnaghi haben wir sie gesehen – die Weinreben. In der Stadt Telawi schauen wir auf ungezählte Weinberge – hier ist der Wein all` gegenwärtig. Die Georgier produzieren seit mindestens 8.000 Jahren Wein! Georgien ist damit eines der Ursprungsländer des Weinbaus und der kultivierten Weinrebe. Die Methode des Weinkelterns ist bis heute unverändert.

In und um Telawi wird überall der traditionelle Quevri-Wein angeboten, so dass man schnell die halbe Zeit beschwipst sein kann. Unsere Unterkunft bei Telawi ist auch gleichzeitig ein Weingut. Hier können wir bei einer Weinprobe den typischen Georgischen Wein probieren. Schon die Farbe des Weins lässt erahnen, dass dieser Wein anders ist, als die Deutschen Weine. Die goldene Farbe hat seinen Ursprung in der Aufbewahrung und Herstellung, erfahren wir. Zunächst kommen die Trauben samt Kern und Stiel in einen Bottich. Nach dem Stampfen der Trauben wird der Saft einige Tage stehen gelassen. Setzt die Gärung ein wird der Saft umgefüllt, bis der Gärungsprozess abgeschlossen ist. Den Jungwein gießt man nun in Quevri. Das sind amphorenartige Tongefäße, die in die Erde eingelassen werden, so dass nur der Hals aus dem Boden ragt oder auch gar nicht zu sehen ist. In diesen irdenen Gefäßen bleibt der Wein mehrere Monate, bis er ausgereift ist.

Zu sowjetischen Zeiten fand georgischer Wein starken Absatz. Die Massenproduktion begann. Das Alkoholverbot der 1980er-Jahre traf Georgien hart. Hektarweise wurden Weinberge im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Alkoholismus niedergelegt. Die georgische Weinwirtschaft geriet in große Schwierigkeiten. Nach der Unabhängigkeit Georgiens 1991 boykottierte der traditionelle Abnehmer Russland mehrere Jahre georgische Produkte und verhängte im März 2006 sogar einen Einführstopp für georgischen Wein. Die georgische Weinwirtschaft wurde schwer getroffen. Mittlerweile produziere die Georgier Qualitätsweine und erschließen sich damit neue Märkte.

Der Wein gehört zu jeder Feier dazu, erzählt Georgi. Bei einer Feier rechnet man mindestens 2-3 Liter pro Person. Bei dieser geringen Mengekalkulation geht man aber davon aus, dass einige Gäste keinen Wein trinken, sagt Georgi. Eigentlich stellt fast jeder in Kachetien seinen eigenen Wein her und hat entsprechend Tonkrüge, aus denen man sich nach Belieben bedient. Geht man mit der Familie essen, wäre es durchaus üblich seinen eigenen Wein mit zu bringen, erklärt Georgi. Denn jeder ist davon überzeugt - der eigene Wein ist der Beste.

Stepanzminda und die gewaltige Bergkulisse des großen Kaukasus

Von Telawi fahren wir nach Stepanzminda. Der Ort liegt auf 1.700 m am Fuß des 5.047 m hohen Berges Kasbek im Großen Kaukasus. Dazu fahren wir auf der alten, georgischen Heerstraße. Die Heerstraße folgt einer Route, die von Soldaten und Händlern seit Jahrtausenden benutzt wurde. Heute ist sie eine wichtige internationale Fernstraße, die Georgien mit Russland verbindet. Kilometerlang reihen sich LKWs aus Georgien, Armenien, Russland, Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan und vielen anderen Ländern am Straßenrand hintereinander auf. Sie alle warten auf die Zollabfertigung für Russland. Die Länder haben sich dem Boykott gegen den Ukraine-Krieg nicht angeschlossen. Wirtschaftlich können und wollen sich diese Länder den Boykott gegen Russland nicht leisten. Seitens der Bevölkerung ist die Solidarität mit der Ukraine trotzdem sehr groß, denn die Angst eines Übergriffs ist allgegenwärtig. Georgi sagt, dass sein Land allein in seinen 28 Lebensjahren drei Mal im Krieg war! Wir merken, dass das Leben hier ein anderes ist, denn wir haben in den letzten 70 Jahren keinen Krieg mehr im eigenen Land gehabt. Hoffen und wünschen wir es Georgien, dass auf der georgischen Heerstraße weiter nur Waren transportiert werden!

Kurz vor dem höchsten Punkt der Strecke – auf 2.385 m befindet sich noch ein Relikt aus der Sowjetzeit. Es ist das äußerst ungewöhnlich Denkmal aus Beton zur 200-Jährigen georgisch-russischen "Freundschaft". Abgebildet ist ein Zyklus russischer und georgischer Legenden, gruppiert um die Figur von Mütterchen Russland, die mit ihren Armen Georgien, in Gestalt eines unschuldigen Jungen, umfangen hält.

Am Nachmittag fängt es an zu regnen. Tiefe Wolken umschlingen die hohen Berge. Als wir in Stepanzminda ankommen gibt es keine Chance, einen Blick auf den hohen Kasbek zu bekommen. Schon von unserem Zimmer hätten wir einen traumhaften Blick auf die Dreifaltigkeitskirche und den hohen Bergen dahinter, sagt Georgi. Die Wetter-Prognose ist auch für den kommenden Tag schlecht. Mit Georgi verabreden wir deshalb, dass wir spontan schauen, was zu machen ist. Am nächsten Morgen um 5:30 Uhr wird es hell. Auch wir sind hellwach und merken, dass sich was tut. Der Regen hat aufgehört und die Wolken geben allmählich den Blick frei. Schnell sitzen wir bei Georgi im Wagen und fahren den steilen 7 km langen Weg zur Dreifaltigkeitskirche nach oben. Das Thermometer zeigt Null Grad an. In der Nacht hatte es geschneit, so dass die umliegenden Berge wie gepudert aussehen. Zu dieser frühen Uhrzeit sind nur wir und ein Mönch hier. Und dann kommt tatsächlich die Sonne raus und wir haben einen atemberaubenden Blick auf Landschaft und Kirche.

Nach zwei Tagen fahren wir wieder raus aus dem großen Kaukasus. Die Nacht hatte es geschneit. Am Morgen scheint dennoch die Sonne, so dass wir mit einem wunderbarem Bergpanorama verabschiedet werden.

Mzcheta und gewichtige Menschen

Auf der Fahrt, raus aus dem Kaukasus, geht es auf den 180 km nicht nur 1.300 Höhenmeter abwärts, auch die Temperatur verändert sich merklich. Wir erreichen Mzcheta bei sonnigen 28 Grad. Mzcheta ist vorerst unsere letzte Station in Georgien. Die frühere Hauptstadt Georgiens besitzt zwei wunderschöne Kirche. Die Jvari-Kirche thront oberhalb der Stadt auf einem Hügel. Sie ist schon von weitem sichtbar. Viele Georgier besuchen dieses Gotteshaus, denn es ist eine der wichtigsten Kathedrale des Landes. Plötzlich macht mich Georgi auf einen besonderen Besucher aufmerksam. Es ist Lasha Talakhadze – Georgiens bester Gewichtheber und mehrmaliger Weltmeister im Superschwergewicht. Bei den letzten olympischen Spielen in Japan hat er eine Goldmedaille geholt. Außerdem hält er den Weltrekord 488 kg! Viele erkennen ihn sofort und bitten um ein gemeinsames Foto, denn der Gewichtheber ist in seinem Land hoch geschätzt.

Das andere Gotteshaus befindet sich inmitten der Stadt. Es ist die mittelalterliche Swetizchoweli-Kathedrale. Die jetzige Kirche wurde 1010 bis 1029 erbaut. Die Armenische Apostolische Kirche ist die älteste Staatskirche der Welt. Die ersten armenischen Christen finden bereits um 197 Erwähnung. Auch in dieser Kirche sind viele Gläubige. Ein Mönch fragt neugierig, woher wir denn kämen und ist fest entschlossen auf ein Foto zu kommen.


Armenien

Heute besuchen wir das zweite Land unserer Reise – Armenien. Damit verabschieden wir uns vorerst von Goergi. Er bringt uns noch bis zur Grenze. Hinter der Grenze werden wir herzlich von Tatev Saroyan und ihr Mann begrüßt. Mit Tatev hatten wir schon vor zwei Jahren Kontakt. Damals mussten wir die Reise stornieren. Nun stehen wir uns gegenüber und freuen uns, uns endlich persönlich kennen zu lernen. Die Verständigung ist kein Problem, denn Tatev spricht perfekt Deutsch. Sie hat in Armenien Wirtschaftswissenschaften/ Finanzen studiert und war für ein Stipendium in Deutschland.

Ganz neue Erkenntnisse in Debet

Unser erster Weg führt uns nach Debet im Bezirk Lori und damit zum COAF SMART Center. Hier befindet sich unsere Unterkunft. Gleichzeitig ist das Center für die Kindern dieses ländlichen Bezirks ein Schulungscentrum in den Lernfächern IT, Ingenieurwesen, Leichtathletik, Kunst, Musik, Sprachen und Management. Kinder werden im Alter von sechs Jahren bis zum Abschluss intensiv und effektiv mit modernsten Lernmitteln gefördert. Bereits das Gebäude sieht ungemein futuristisch aus. Die Kinder sitzen konzentriert an modernsten PCs, können in den Büchern der kleinen Bibliothek stöbern und eine Kantine bietet leckeres und gesundes Essen an. Diese Einrichtung passt so ganz und gar nicht zu den Vorstellungen, die wir von Armenien haben, ist allerdings auch ein Vorzeigeprojekt, welches viele Unterstützer und Sponsoren hat.

Dilijan - die „Kleine Schweiz“ Armeniens

Wir verlassen diesen besonderen Ort und fahren nach Dilijan. Dilijan ist eine Stadt in der nordarmenischen Provinz Tawusch. Sie war im Mittelalter der Urlaubsort der armenischen Könige und gehörte in der sowjetischen Zeit zu einem der führenden Kurorte des Landes. Die gebirgige Landschaft mit seinem großen Waldgebiet wird oft mit der Schweiz verglichen und hat deshalb den Beinamen „armenische Schweiz“. In der Ortsmitte von Dilijan befinden sich entlang der Scharambejan-Straße gut restaurierte Häuser. Außerhalb gehört das zwischen dem 10. und 14. Jahrhundert erbaute Kloster Haghartsin zu den Hauptsehenswürdigkeiten. Am Lake Parz im Dilijan Nationalpark vergnügen sich Familien und Urlauber mit Tretbooten, einem Seilgarten und einer Zip-line. Für jeden ist etwas dabei – wir besuchen alle Orte und fallen am Abend müde ins Bett.

Richtung Süden – am Sewansee entlang

Es geht weiter, vorbei am Sewansee, dem größten Süßwassersees des gesamten Kaukasus. Der See ist rund doppelt so große wie der Bodensee. Er liegt inmitten einer kargen Gebirgslandschaft auf fast 2.000 Meter Höhe. Überhaupt bewegen wir uns in Armenien stetig auf über 1.000 Höhenmeter. Neben dem See und der gesamten Kulisse selbst, ist auch das Kloster auf der Halbinsel am nordwestlichen Ufer beeindruckend. Das Sevanavank-Kloster thront dabei postkartentauglich auf einer Landzunge über dem Wasser. Es ist Sonntag und wieder sind unzählige armenische Besucher vor Ort.

Wir umrunden den See auf der westlichen Seite und kommen auf der Hälfte der Strecke an einem besonderen Friedhof vorbei. Es ist der mittelalterliche Noratus-Friedhof mit seinen über 900 Steinkreuzen. Der größte Steinkreuz-Friedhof der Welt erzählt mit seinen verzierten armenischen Grabsteinen, die Geschichte der Personen, die dort begraben liegen. Die ältesten Grabsteine stammen aus dem 1. bis 2. Jahrhundert. Die „Pflege“ dieses riesigen Grabfeldes hat eine ältere Frau mit ihren Schafen übernommen.

Orbelian – Karawanserei und Wodka

Nur ein paar Kurven unterhalb des Vardenyats-Gebirgspasses auf 2.400 Metern taucht neben der Straße die alte Karawanserei Orbelian auf. Das schlichte, gut erhaltene Steingebäude ließ der armenische Prinz Chesar Orbelian 1332 an der damals hier verlaufenden Seidenstraße errichten, um Händler und deren Tiere zu beherbergen. Ein älteres Ehepaar hat sich mit ihrem Auto neben der Karawanserei platziert. Sie haben ihren Wagen in einen Tante-Emma-Laden umgewandelt. Im Angebot sind selbst gebrannter Wodka in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und jede Menge nützliche und nutzlose Dinge.  Ein ehrliches Lächeln und ein Plausch sind immer drin, sagt Tatev, auch wenn man nichts kauft. Armenische Gastfreundschaft eben. Die erlebt auch Harald, als er sich etwas abseits begibt und an drei picknickenden Armeniern vorbeikommt. Schnell wird er dazu gebeten und mit Wodka und gegrillten Innereien bewirtet. Die Innereien sind nicht so lecker. Kein Problem – der nächste Wodka ist schon eingeschenkt. Die Fahrt zur Unterkunft in Jeghegis wird danach zur Partyfahrt.

Dschermuk - heiße Quellen und das Haar der Meerjungfrau

Weiter südlich sind wir am kommenden Tag in Dschermuk. Die kleine Stadt liegt in der landschaftlich schönen Provinz Wajoz Dsor, in der es viele Thermalquellen gibt. Die Temperaturen der Quellen sind zwischen warmen 33 Grad und heißen 65 Grad. Zu Sowjetzeiten wurde Dschermuk zu einem bekannten Kurort ausgebaut. Auch heute stehen hier große Hotels, vor allem für russische Gäste. Bekannt ist Dschermuk außerdem für sein Mineralwasser, dass man im ganzen Land kaufen kann. Eine Besonderheit ist auch der Dschermuk Wasserfall oder auch "Meerjungfrauen Haare Wasserfall" genannt. Das Wasser fällt 70 m über eine Steinwand in mehreren Kaskaden nach unten und sieht fast so aus, als wenn die Meerjungfrau ihr Haar fallen lässt.

Die längste Pendelseilbahn der Welt

Die Seilbahn zum Kloster Tatev ist mit 5,5 km die längste Pendelseilbahn der Welt und wir sitzen drin. Dabei schweben wir gerade über die rund 500 m tiefe Worotan-Schlucht hinweg. Die Fahrt dauert 11 Minuten und erspart uns eine mehr als 30 Minuten lange Fahrt auf einer 14,5 km engen und kurvenreichen Straße durch die Schlucht. Die Seilbahn Wings of Tatev wurde im Oktober 2010 eröffnet. Dabei teilte man den Einwohner der umliegenden Dörfer mit, dass sie einmal pro Tag umsonst fahren dürfen.  Die Seilbahn ist mit ihren Kosten von ungefähr 13 Mio. € Teil eines 50-Millionen-Dollar-Programmes, mit dem der Tourismus im Südosten Armeniens gefördert werden soll. Wieder einmal thront an oberster Stelle das Kloster und wieder einmal haben wir von hier einen großartigen Blick.

Eine Wein- und Wodkaprobe in Areni, ein über 5.000 Jahre alter Schuh und der symbolträchtige Berg Ararat

Wir verabschieden uns vom südöstlichen Punkt unserer Reise in Armeniens und fahren Richtung Hauptstadt Jerewan. Auf dem Weg dorthin, besuchen wir eine Höhle, in der der älteste Lederschuh der Welt gefunden wurde. Das gut erhaltene Teil ist 5.500 Jahre alt und hat die Schuhgröße 37, erzählt uns Tatev. Sogar die Schnürsenkel sind noch vorhanden. Nicht zuletzt ist die Fußbekleidung so gut erhalten, weil der Schuh unter einem dicken Haufen Schaafdunk lag und die Höhle ein trockenes und kühles Klima hat.

Gegen Mittag haben wir eine Weinprobe in der Areni Wine Factory. Historikern zufolge werden armenische Weine seit etwa sechstausend Jahren hergestellt. Gleich nach der Sintflut soll in der fruchtbaren Ebene zu Füßen des Ararat der Weinanbau in Armenien begonnen haben. Die Trauben sind fast alle dunkel. Für unsere Weinprobe stehen mindestens 10 Flaschen vor uns – vom Weißwein, Rotwein bis hin zu diversen Obstweinen. Zum Schluss können wir noch über 50%tigen Wodka testen. Es ist über 30 Grad warm als wir aus der Wine Factory torkeln.

Unser Blick hat sich wieder geschärft, als wir kurz vor Eriwan den kleinen 3611 m und den großen 5137 m Ararat sehen. Auf diesem Gebirge soll nach der Sintflut die Arche Noah gestrandet sein. Von den Armenien wird der Berg Ararat seit ältesten Zeiten als ihre geistige Heimat betrachtet. Allerdings liegt er jetzt auf dem Gebiet der Türkei. Gleich hinter dem Kloster Chor Virap verläuft die türkisch-armenische Grenze.

Die Hauptstadt Jerewan

Frage an Radio Jerewan: „Kann man mit einem russischen Auto auf russischen Straßen 120 km/h fahren?  Im Prinzip ja, aber nur einmal.“  Die Stadt erinnert uns ein klein wenig an „Radio Jerewan“. Der Sender war allerdings eine freie Erfindung des von staatlicher Propaganda unterdrückten Geistes und damit die kleine Rache der Sowjetbürger für die Entbehrungen des Alltags, erzählt Tatev. Das heutige Jerewan hat sich seit der Unabhängigkeit 1992 von der Sowjetunion verändert. Wir stehen im Stau, als wir versuchen unsere Unterkunft im Zentrum zu erreichen.      Schuld sind die Demonstration gegen den jetzigen Ministerpräsident Nikol Paschinjan, denn die blockieren teilweise die Kreuzungen in der Innenstadt.  Die Demonstranten fordern den Rücktritt des Ministerpräsidenten, weil er im Streit mit Aserbaidschan gegenüber dem Gebiet Berg-Karabach 2021 zu viel Zugeständnisse gemacht haben soll. Paschinjan hat allerdings seit seinem Antritt dafür gesorgt, dass die Korruption eingedämmt wurde. Insgesamt ist die Lage in Armenien kompliziert. Nicht nur das Verhältnis zum Nachbarn Aserbaidschan ist gestört, auch der Völkermord an den Armeniern seitens der Türken sitzt tief. Und Russland sorgt dafür, dass das kleine Land vom großen Riesen im Norden abhängig bleibt.

In Jerewan wird es zum ersten Mal auf unserer Reise richtig warm. Das Thermometer steigt am Nachmittag auf über 30 Grad als wir durch die Innenstadt über den Platz der Republik und vorbei am armenischen Opernhaus streifen. Obwohl Erewan eine der ältesten Städte der Welt ist, gibt es keine wirkliche Altstadt mehr. Dafür erstrahlen die Kaskaden – ein gewaltiger Treppenkomplex aus hellem Travertinstein, der sich weit an einen Berghang emporstreckt und oben einen fantastischen Blick auf die Stadt freigibt.

Wir haben schon Routine als wir das älteste Branntweinunternehmen des Landes besuchen. Bereits beim Eintreten umströmt uns die alkoholgeschwängerte Luft des berühmtesten Brandy Armeniens. 1887 vom Kaufmann Nerses Tairyants gegründet, wurde die “Yerevan Brandy Company” später zum Hoflieferanten seiner kaiserlichen Majestät. Seitdem ist der Branntwein Ararat weltbekannt und hatte nicht minder bekannte Verehrer wie Winston Churchill, Frank Sinatra oder George Clooney.

Das Umland hat mit dem UNESCO Weltkulturerbe des wunderschönen Höhlenkloster Geghard und dem griechischen Sonnentempel von Garni aber auch einiges zu bieten. „Symphonie der Steine“ – so werden poetisch die grandiosen Basaltformationen beschrieben, die wir in der Azatschlucht bei Garni bewundern können. Es sind Hunderte, wahrscheinlich Tausende bis zu 300 m hohe hexagonale Basaltsäulen, die wie Orgelpfeifen aneinanderhängen. Sie entstanden durch langsame Abkühlung von Lavamassen. Ein unglaublicher Anblick.

 Die Wiesen sind mit dem orientalischen Rittersporn übersäht und verleiten zum Pflücken.

Gjumri und Abschied von Armenien

Wir sind an unserer letzten Station in Armenien angekommen. Es ist die Stadt Gjumri und damit auch die Heimat von Tatev und ihrem Mann Andranik. Wir schlendern durch die zweitgrößte Stadt Armeniens. Tatev berichtet vom verheerenden Erdbeben im Jahr 1988. Damals kamen im Norden des Landes zwischen 25.000 und 50.000 Menschen ums Leben. Auch Gyumri war betroffen und zum Teil völlig zerstört. Seit 2002 wird die Stadt mit internationaler Hilfe wieder aufgebaut, wie zum Beispiel die gewaltige Erlöserkirche in der Stadtmitte.

Unsere Unterkunft ist das Berlin Art Hotel. Es ist ein soziales Pilotunternehmen des Deutschen Roten Kreuzes in Berlin. Das kleine Hotel wurde 1996 eröffnet. Die Einnahmen aus dem Betrieb und den weiteren kommerziellen Aktivitäten des Hauses werden ausschließlich sozialen und gemeinnützigen Zwecken der Stadt zugeführt. Auch der deutsche Honorarkonsul von Gymri hat hier sein Domizil.

Bei einem Rundgang durch die Stadt kommen wir am State Aesthetic Center of Gyumri vorbei. Wir schauen rein und stellen wieder einmal fest, wie wichtig den Armenier Bildung ist. Das Kunst-Bildungszentrum wurde 1978 mit Hilfe eines Kunstkritikers und der renommierten Kunst-Professorin Susanna Mkrtchyan gegründet. Letztere ist bis heute die Direktorin des Zentrums, gerade vor Ort und erklärt uns, was hier passiert. Die Kinder sind beim Malen, Gestalten und singen sehr konzentriert und engagiert dabei. Die Eltern warten auf ihren Nachwuchs, denn die können sich gar nicht losreißen.

Weltweit gibt es etwa acht Millionen Armenier außerhalb Armeniens u. a. in Russland, Frankreich, dem Iran und den Vereinigten Staaten. In Armenien selber leben weniger - gerade einmal 3 Millionen Menschen. Viele Armenier arbeiten in Russland und schicken Geld für das Überleben ihrer Familien nach Hause. Überhaupt engagieren sich viele Menschen in und für Armenien.  So hat der armenisch stämmige Charles Aznavour viele Projekte im Land unterstützt, genauso wie der Kardashian-Clan.

In Gjumri leben nicht nur Tativ und ihr Mann, sondern auch ihre ganze Familie. Ihre ältere Schwester Anushik Saroyan hat ihr Modelabel Anes Fashion in den letzten Jahren hier aufgebaut. Wir besuchen sie in ihrem Modestudie und bestaunen die in Handarbeit exklusiv, gefertigte Abendkleidung. Tatev zeigt voller Stolz ihr von ihrer Schwester gefertigtes Hochzeitskleid. Anushik kann mittlerweile zwei Mitarbeiterinnen beschäftigen. Junge Unternehmen unterstützten sich wie selbstverständlich untereinander. So nutzen die Fotografen für die Fotoshootings die Bilder für sich, dafür bekommt ihre Schwester die Fotos ohne Kosten. Überhaupt ist Familie und gegenseitige Unterstützung wichtig, sagt, Tatev.

Am letzten Abend in Armenien sind wir bei Tatevs Mutter Narine Saroyan zum Abendessen eingeladen. Bei der Vorbereitung ist ihre Schwester mit dabei. Andranik kühlt das einheimische Bier Gjumri und die drei Frauen füllen jede Menge Speisen auf Teller und in Schalen. Wir sitzen im schönen Garten an einem reich gedeckten Tisch. Auf dem Tischen gibt es am ganzen Abend keine freie Stelle. Immer, wenn wir denken, das wars, wird nachgelegt. Es wird immer mehr aufgedeckt, als gegessen wird, sagt Tatev. Das gehört zu unserer Gastfreundschaft einfach dazu. Wir werden verwöhnt mit Fleischbällchen, Suppe, frischen Salaten, jeden Mengen Kräutern, Käse, Brot, Maulbeeren, Süßkirschen, Erdbeeren, Blätterteiggebäck, Wodka, Brandy und vielem mehr.  Dabei lernen wir das armenische Sandwich kennen: auf das flache Brot Lavash kommen der armenische Fadenkäse und mindestens 5 verschiedene Kräuter.  Dann wird es aufgewickelt und gegessen. Harald probiert derweil den typischen Aprikosen-Wodka. Es wird ein wunderbarer Abend mit vielen Trinksprüchen und noch mehr fröhlichem Lachen.


Wieder in Georgien


Eine Höhlenstadt und der georgische Käse

Wir sind wieder in Georgien und damit in Wardsia. In diesem kleinen Ort – keine 20 km von der türkischen Grenze entfernt – gibt es eine imposante Höhlenstadt. Bauherr war der georgische König Giorgi III. Er plante die Stadt im 12. Jahrhundert als Grenzfestung gegen die Türken und die Perser. Wardsia wurde in eine vom Tal rund 500 Meter aufragende Felswand geschlagen. Die Baumeister nutzten Vor- und Rücksprünge für die Anlage tiefer Höhlen, die durch Tunnel, Treppen, Terrassen und Galerien miteinander verbunden sind. Für die Einwohner waren ursprünglich 3.000 Wohnungen auf bis zu sieben Stockwerken errichtet worden, die Platz für 50.000 Menschen boten. Nach einem Erdbeben im Jahre 1283 sind noch 750 Räume auf einer Fläche von etwa 900 Quadratmetern erhalten. Von unten sehen wir noch nicht, was uns oben bei unserem Rundgang durch dieses Labyrinth erwartet. Irgendwann kraxeln wir durch enge Tunnel und steigen abenteuerliche Treppen nach oben und unten. Dabei kommen wir an ehemaligen Speisekammern, in Stein gehauene Gotteshäuser, frühere Apotheken, Essräume und Wohnräume vorbei. Wahrlich – das ist eine atemberaubende Behausung.

Hier im Süden Georgiens sind wir in einer ländlich geprägten Umgebung. Die gesamte Region Samtskhe -Javakheti, die wegen ihres rauen, unerbittlichen Klimas als „Georgische Arktis“ bezeichnet wird, hat eine der wildesten und charakteristischsten Landschaften des Landes zu bieten. Und prompt regnet es, nein es hagelt sogar, als wir in diesem Landstrich unterwegs sind. Tiefe Schluchten, hohe Plateaus mit Wiesen voller Blumen und zwei große Seen (Saghamosee und Paravanisee) erkunden wir. Unsere Fahrt wird oft von Schafen und Kühen blockiert. Letzte sind stoisch und geben nur widerwillig den Weg frei. Wir besuchen zwei Frauenkloster, deren Nonnen sich auf die Herstellung von Käse, Honig, Marmelade und anderen schönen Produkten spezialisiert haben und sind erstaunt über Häuser mit einem Grasdach.

Im Dorf Chobareti schauen wir fasziniert zu, wie der Tenili-Käse hergestellt wird. Dazu wird Kuhmilch auf ca. 65 Grad erhitzt. Nur Salz und Lab kommen während des ständigen Rührens hinzu. Die Gerinnung beginnt und die Molke trennt sich nach einer halben Stunde von der Masse. Die feste Masse wird aus der Molke genommen. Was jetzt folgt, hat mit viel handwerklichem Geschick zu tun. Die Georgierin hat bereits mit 4 Jahren an diesem Vorgang gearbeitet, genauso wie ihre Tochter jetzt häufig dabei ist. Der Käse wird dann in feinste Fäden gezogen, und anschließend auf den Boden eines Gefäßes gegeben und verschlossen. Die Lagerung erfolgt auf dem Deckel. Zuvor gießt man Asche auf die Oberfläche des Käse und die Reifung beginnt. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass der Tenili-Käse vorläufigen auf die UNESCO-Liste aufgenommen wurde.

Batumi – Richtung Schwarzmeerküste

Wir verlassen das ländliche Wardsia und fahren über den 2.000 m hohe Goderzi Pass nach Batumi. Die Straße führt 220 km entlang der Türkischen Grenze. Kaum zu glauben, dass hier mal die Grenze zwischen NATO und Warschauer Pakt nur wenige Kilometer entfernt verlief. Wir brauchen für die Fahrt nach Batumi letztendlich 10 Stunden, denn die Straße ist zum großen Teil die reinste Schlammpiste. Die Schotterstraße war so eng, dass sie nun zu einer Asphaltstraße ausgebaut wird. Und wer machts – die Chinesen. Um den Goderzi Pass befindet sich eine Streusiedlung mit vielen rustikalen, scheinbar selbst gebastelten Holzhäusern. Viele sind nur in den Sommermonaten bewohnt, im Winter ist ein Herkommen fast unmöglich, denn der Schnee liegt hier meterhoch, erzählt Georgi. Strom und Wasser gibt es nur im Sommer. Selbst jetzt im Juni entdecken wir noch kleine Schneefelder. Richtig schön verdreckt kommen wir am Abend in Batumi an.

Batumi empfängt uns bei lauen Sommertemperaturen. Das Schwarze Meer ist gar nicht schwarz, sondern himmelblau und die Stadt versprüht mediterranem Flair in der Altstadt. Berühmt ist der 800 Meter lange palmengesäumte Primorski Boulevard. Dort reihen sich Paläste und Spielbanken US-amerikanischer Hotelkonzerne aneinander. Zu verdanken hat die Stadt all` das Georgiens ehemaligen Staatspräsidenten Micheil Saakaschwili. Er förderte vor allem die Ansiedlung von Casinos in Batumi. Das ist ein einträgliches Geschäft, weil Glücksspiel in der Türkei und den meisten anderen muslimischen Ländern der Region, aber auch in Russland, weitestgehend verboten ist. Allerdings gibt es auch einen beachtlichen architektonischen Wildwuchs. So gibt es den so genannten „Alphabetic Tower“, ein 130 Meter hohes Stahlgebilde zu Ehren der einzigartigen georgischen Schriftzeichen. Daneben ragt der Batumi Tower in die Höhe. Das Bauwerk ist weniger durch seine Höhe ein Blickfang, als vielmehr durch ein Riesenrad, das direkt in die Fassade integriert ist. Georgi berichtet, dass er damals als Kletterer engagiert wurde, um die Beleuchtung an der Außenfassade anzubringen. Wir sind immer wieder erstaunt, an welchen Projekten Georgi beteiligt war.

Ein letztes Mal in den großen Kaukasus – Mestia in Swanetien

Ein letztes Mal geht es in die Berge. Wir fahren auf einer gut ausgebauten Asphaltstraße ins 230 km entfernte Mestia in die Region Swanetien auf 1.500 m Höhe. Die Swanetier gelten in Georgien als Besonders. Die vielen Wehrtürme zeugen heute noch von ihrer Streitbarkeit. In der Bergregien herrschten bis vor wenigen Jahrzehnten eigene Gesetze, erzählt Gerogi. Familienclans hatten das Land untereinander aufgeteilt, Streitigkeiten wurden manchmal auch blutig ausgetragen und Wegelagerer lauerten Touristen auf, um sie zu entführen. Dann kam Michail Saakaschwili an die Regierung und brach die Macht der Clans. Er ging hart gegen die kriminellen Clans vor und rückte sogar Im Jahr 2004 mit dem Militär in der swanischen Hauptstadt Mestia ein, um die in einem Wehrturm verschanzten Mitglieder des Aparasidze-Clans zu stellen. Und wo sind heute die Anführer der Clans? Sitzen im Gefängnis oder sind nach Russland geflohen.

In Swanetien befinden sich die Hauptspitzen des Kaukasus und einige der höchsten Berge. Wir schauen auf den höchsten Berg Georgiens – auf den Schchara mit 5.068 m. Beeindruckend thront der doppelköpfige Uschba, der "Berg des Schreckens" über Mestia mit 4.737m Höhe. Der Tetnuldi ist mit 4.858 m auch in Sichtweite, genauso wie der Ailama mit 4547m.  Im Winter liegt selbst in den Tälern meterhoch Schnee.

Der letzte Abend

Mit der Stadt Kutaissi sind wir wieder raus aus den Bergen. Unseren letzten Abend haben wir bei Darejan Talakhadze. Bei ihr sind wir zu einer typischen Supra – einer georgischen Tafel - eingeladen. Vor dem Essen steht aber erst einmal das Mitarbeiten in der Küche an. Die Familie Talakhadze hat etwas außerhalb von Kutaissi ein Haus mit Garten. Sie bewohnen das Haus nur im Sommer, im Winter wohnen sie direkt in Kutaissi. Dort sind dann die Annehmlichkeiten größer, sagt Darejan. Im unteren Bereich des Hauses befindet sich die Küche mit dem riesigen Kamin, das Vorratslager und ein kleines Wohnzimmer. Über eine Außentreppe kommt man noch oben. Dort gelangen wir in die gute Stube. Außerdem befinden sich hier Schlafräume. Wir sind erst einmal unten und stehen vor dem Kamin. Darejan hat ihn angefacht. Im Feuer liegen mehrere Tonschalen. In diesen heißen Tonschalen wird etwas später unser Essen gegart. Zunächst knetet Darejan einen Teig aus Maismehl und Wasser. Daraus entstehen kleine, runde Fladen, die in die ersten Tonschalen kommen. Nach dem Befüllen werden sie übereinandergestapelt, um darin – nur durch die Hitze – gebacken zu werden. Danach füllt Darejan vorbereitete Kartoffeln und Hähnchenteile in die größeren Schalen, um auch dort übereinandergestapelt in der Hitze der Schale gegart zu werden. Bei den mit Käse gefüllten Chatchapuri helfen wir wieder mit. Auch sie werden in den übereinandergestapelt Tonschalen gegart. Das Ganze ist eine schweißtreibende Angelegenheit, denn die Hitze des Kamins ist gewaltig. Als alles fertig ist, tragen wir die Speisen nach oben in die gute Stube. Dort ist der Tisch bereits schon reichhaltig mit anderen leckeren Dingen gedeckt, so das wieder keine freie Stelle zu finden ist. Zum Schluss kommen noch selbst gemachter Wein und Saft auf den Tisch. In der Not werden die Speisen auch übereinander gestapelt. Mit uns essen vier Sänger der Gruppe Kvalio Nateli. Einer der Sänger ist der Tamada – der Tischführer. Er bringt die Trinksprüche vor. Wir stoßen auf den Frieden im Land an, auf die Gesundheit, auf das wunderbare Georgien, auf unsere Reise, auf die Liebe, auf die Frauen, auf die Männer……das Weinglas bleibt dabei nie leer –immer wird gut nachgeschenkt. Zwischendurch stimmen die vier Männer mit ihren wundervollen Stimmen georgische Lieder an. Ein unglaublicher Abend geht zu Ende. Schade, dass die Reise nun zu Ende ist.

Einen herzlichen Dank geht an Kaukasus Reisen und an unsere Begleitung Eka Abashishvili in Tblisi, an Giorgi Macaberidze in Georgien und an Tatev Saroyan mit ihrem Mann Andranik in Armenien. Es war wunderbar.

Ende

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Kommentare: 21
  • #1

    Heidrun (Samstag, 21 Mai 2022 15:23)

    Die Fotos zeigen uns euren guten Start in das schöne Land .
    Wir freuen uns auf die weiteren Eindrücke und Fotos.

  • #2

    Ringe Heinz und Erika (Samstag, 21 Mai 2022 15:46)

    Das ist ja sagenhaft, so eindrucksvolle Bilder einer Stadt, von der man - wir - wenig wussten. Ein guter Einstieg, weiterhin interessante Eindrücke! Huhu 40' heißes Wasser!?

  • #3

    Lonie (Samstag, 21 Mai 2022 21:02)

    Sehr schöne Bilder und netter Text. Noch tolle Tage. In der Erwartung auf viele neue Informationen und Fotos,
    grüsse ich euch aus Arnum. Lonie

  • #4

    Anke (Samstag, 21 Mai 2022 22:42)

    Gut, dass ich euch Weltreisende kenne. So lerne ich auch Orte kennen, von denen ich noch nicht viel gehört habe. Vielen Dank dafür.

  • #5

    Roswitha (Sonntag, 22 Mai 2022 08:41)

    Danke ihr Lieben, dass ich euch mit Hilfe der fantastischen Bilder und dem interessanten Bericht durch das unbekannte Georgien begleiten darf. Wünsche euch weiterhin eine tolle Reise. Gruß Roswitha

  • #6

    Ursel (Sonntag, 22 Mai 2022 14:10)

    Meine Güte, was für eine tolle Stadt! Ein Jammer, dass man so wenig darüber weiß. Dank euch, wird sie uns nun näher gebracht. Weiter so und viele Grüße.

  • #7

    Udo (Montag, 23 Mai 2022 12:26)

    Wie schön, dass ihr endlich euren Plan, dieses fremde Land zu besuchen, verwirklichen könnt.
    Was ihr bislang berichtet und gezeigt habt, ist sehr beeindruckend und erstaunlich.
    Ich freue mich auf Weiteres.

  • #8

    Anke (Mittwoch, 25 Mai 2022 20:52)

    Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt. Traumhaft.!

  • #9

    Hanne (Donnerstag, 26 Mai 2022 19:14)

    Danke für eure schönen Reiseberichte und so kann ich wieder mit euch reisen. Sagenhafte Aufnahmen und so gute Dokumentation, weiter so! Liebe Grüße aus Himmelsthür in ein für mich „unbekanntes Land“!!

  • #10

    Heike (Sonntag, 29 Mai 2022 10:30)

    Was für eine Freude wieder mit euch zu reisen.

  • #11

    DiJu (Sonntag, 29 Mai 2022 12:53)

    Interessantes Land!
    Aber Ihr scheint wohl die einzigen Touristen zu sein!?

  • #12

    Ursel (Dienstag, 31 Mai 2022 13:37)

    Total spannende Reise, bin immer wieder überrascht, was es dort alles zu erkunden gibt. Wunderschöne Natur und natürlich, wie von euch gewohnt, fantastische Aufnahmen. Euch weiterhin eine tolle Zeit. LG

  • #13

    Lonie (Dienstag, 31 Mai 2022 21:54)

    Tolle Bilder und viele Informationen. Danke dafür und liebe Grüße aus der Heimat.

  • #14

    Ringe (Freitag, 03 Juni 2022 13:43)

    Kann man denn so viele Eindrücke, so wundervolle Bilder überhaupt speichern?
    Gut, dass ihr diese Fotos macht, dass sie gelingen und ihr diese Schätze mitbringt!
    Welche Schönheiten Armenien bietet, haben wir nicht geahnt. Ja früheste Spuren des Christentums -historische Ruinenfelder, aber so viel Schönes und Lebendiges - auch Gebranntes - ahnten wir doch nicht.
    Weiterhin viel Gutes

  • #15

    Agnes (Samstag, 04 Juni 2022 19:42)

    Ich kann mich der vorherigen Kommentaren nur anschließen. Dürft ihr Alkohol ausführen? Dann habt ihr die Qual der Wahl.
    Viele Grüße aus dem heute sonnigen Norden.

  • #16

    Anke (Freitag, 10 Juni 2022 07:12)

    Eure Reise ist so unglaublich spannend und es macht richtig Spaß mit dem wieder super schön geschriebenem Bericht an euren Erlebnissen teil zu haben.

  • #17

    Ursel (Freitag, 10 Juni 2022 12:08)

    Hallo ihr beiden Weltenbummler, das klingt alles so spannend und es läuft einem geradezu das Wasser im Mund zusammen, wenn man über die Zubereitung von Speisen und Wein liest. Fantastische Einblicke in zwei tolle Länder. LG Ursel

  • #18

    Ringe Heinz und Erika (Freitag, 10 Juni 2022 16:21)

    Wir staunen nur, was ihr alles zu sehen bekommt, wir haben nicht gedacht, dass die Reise so vielseitig und mit so inzeressanten, geselligen Zusammensein mit der Bevölkerung sein würde! Genießt es weiterhin, auch unter den Palmen am Meer! Ringes

  • #19

    Agnes (Sonntag, 12 Juni 2022 08:57)

    Moin, ich hoffe es gab einen anderen Weg zurück! Wünsche euch schöne Tage bis zum Rückflug.

  • #20

    Anke (Mittwoch, 15 Juni 2022 10:27)

    Eine außergewöhnliche Reise geht nun auch für mich zu Ende. Wie immer war euer Blog sehr spannend und informativ. Ich bin gespannt wo es euch als nächstes hinzieht.
    Gute Heimreise

  • #21

    Udo (Mittwoch, 15 Juni 2022 11:15)

    Es ist ein sehr beeindruckender Reisebericht von einer Gegend mit einer unglaublich interessanten Vergangenheit und Gegenwart. Ich habe mir darüber vorher nie viele Gedanken gemacht. Eure intensiven Eindrücke vor allem auch in private Szenerien haben mir dafür die Augen geöffnet. Danke für die Mühe, uns daran teilhaben zu lassen.
    Ich freue mich schon auf eure persönlichen Berichte und Ausarbeitungen.
    Gute Rückreise!